Das Weiterbildungsinstitut des Lern-Planeten

Interview mit Lern-Planet-Gründer Benjamin Bulgay

Benjamin BulgaySeit dem Beginn seiner Doktorarbeit hatte Benjamin Bulgay ein Ziel: Er wollte praktisch umsetzen, was ihn im Studium theoretisch beschäftigte. Mit dem Lern-Planeten ist ihm genau das gelungen. Wie sich das ambitionierte Projekt in die Tat umsetzten ließ, berichtet er im folgenden Interview.

Wann fiel Ihre Entscheidung, sich mit dem Lern-Planeten selbstständig zu machen?

Am Ende meines Studiums der Sozialpädagogik an der Wiesbadener Fachhochschule wollte ich unbedingt wissen, ob mein erlerntes theoretisches Wissen den Praxistest besteht. Um auf Nummer sicher zu gehen, habe ich ein Aufbau-Studium der Diplom-Pädagogik an der „Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt“ absolviert und zusätzliche Qualifizierungen in der Erwachsenenbildung und pädagogischen Psychologie gesammelt. Anschließend untersuchte ich als Doktorand, u.a. inwieweit Lernschwierigkeiten mit Sprachkompetenz zusammenhängen. Das Ergebnis war schockierend. Die empirischen Tests bewiesen einen direkten Zusammenhang von Lernschwierigkeiten und Sprachdefiziten. Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund hatten einen Nachteil, der unbedingt aufgeholt werden musste. Besonders im Mathematikunterricht ließ sich dieser Umstand eindrucksvoll nachweisen.

Die Kontrollgruppen (Kinder von Deutschen und Migranten) beherrschten die Tests gleich gut. Bei Textaufgaben fielen 50% aller Kinder ohne Migrationshintergrund durch, bei Kindern mit Migrationshintergrund lag die Zahl bei ca. 80%. Dadurch ließ sich zeigen, dass Lernschwierigkeiten nicht nur mit Sprachkompetenz, sondern auch mit Sprachverständnis eng zusammenhängen. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass etwa 80% der Kinder in Sonderschulen einen Migrationshintergrund haben.

So entstand eine neue Idee: Der Lernstoff sollte den Schülern in der Sprache vermittelt werden, in der sie sich am sichersten fühlen, unabhängig von der Muttersprache bzw. der Muttersprache ihrer Eltern. Das war der Anfang vom „Lern-Planet“.

Erzählen Sie uns aus der Gründerzeit – wie begann der Aufstieg des Lern-Planeten?

Wir haben im Gemeinschaftszentrum der Gewerbeschule in Wiesbaden ein Nachhilfeangebot ins Leben gerufen. Das Besondere: Für jede Stunde berechneten wir nur eine Mark. Das war 1994 und markierte die Geburtsstunde des Lern-Planeten sowie das Ende meiner Doktorarbeit.

Welche Meilensteine gab es in der Entwicklung?

Begonnen haben wir mit Kinder- und Jugendarbeit; insbesondere Nachhilfe, Sprachkurse, verschiedenen Therapiearten und Anti-Aggressionstrainings. Mittlerweile sind wir eine fest etablierte Institution im Rhein-Main-Gebiet mit einem erweiterten Angebotsspektrum. Unser Arbeitsschwerpunkt liegt im Maßnahmen- und Therapiebereich, gefolgt von den Integrations- und Alphabetisierungskursen und den multilingualen Erziehungshilfen.

Seit 2002 haben wir unseren Hauptsitz in der Rheinstraße in Wiesbaden. Dort befinden sich unsere Schulungsräume, samt Turnhalle, Werkstätten und Innenhof. Er bietet genügend Raum für die verschiedenen Therapieformen, Weiterbildungsangebote, Erziehungshilfeangebote, Integrations- und Nachhilfekurse.

Was ist aus Ihrer Sicht entscheidend für den Erfolg des Lern-Planeten?

Das Geheimnis unseres Erfolgs liegt in der einzigartigen Kombination verschiedener Bausteine. Das Konzept verbindet bewährte Methoden der Waldorf-, Montessori- und Erlebnispädagogik. Wir stehen für einen ganzheitlichen Ansatz, verknüpft mit multilingualen und multikulturellen Aspekten, die den Menschen in den Vordergrund rücken.

Was ist das Besondere an Ihrem pädagogischen Institut?

Die Sprachvielfalt. Wir bieten als einziges Institut in Europa multilinguale Erziehungshilfe, Therapien und Nachhilfe in dieser Bandbreite an. Aktuell wird in über 30 Sprachen betreut, therapiert und unterrichtet. Selbstverständlich arbeiten unsere Mitarbeiter unabhängig vom Bereich auch bilingual. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig Sprachkompetenz für die Integration ist. Mit zehn Jahren kam ich ohne Deutschkenntnisse aus der Türkei hierher. Damals gab es noch keine Integrationsangebote. Ich habe in der Schule zunächst gar nichts verstanden. Meine Eltern lernten dann in Eigeninitiative mit mir Deutsch. Das war großes Glück. Familien aus dem Ausland sollen die gleichen Chancen haben. Daher bieten wir für Migranten ohne Deutschkenntnisse eine bilinguale Betreuung und das Angebot „Sozialpädagogische Familienhilfe“ an.

Im Bereich der Erwachsenenbildung liegt unser Schwerpunkt auf Integrations- und Alphabetisierungskursen. Wenn Kinder zu uns kommen, die die deutsche Sprache nicht gut genug beherrschen, um dem Schulunterricht zu folgen, wird ihnen der Lehrstoff zuerst in ihrer Muttersprache vermittelt. Sukzessive stellen wir dann auf Deutsch um. Es gibt auch Deutsch- Intensivkurse für SchülerInnen, um die Sprachdefizite auszugleichen und die Integration in der Schule zu beschleunigen.

 Wie geht’s jetzt weiter?

Wir haben viele Pläne für den Lern-Planeten. Seit Januar 2014 bieten wir eine dreijährige berufsbegleitende Weiterbildung an. Diese „Systemisch-interkulturelle Beratung und Therapie“ entspricht den Richtlinien der DGSF und ist jetzt schon sehr erfolgreich. Für 2015 und 2016 sind neue Weiterbildungen geplant. Die entsprechenden Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Dazu kommt, dass unsere TeilnehmerInnen die einzelnen Seminare in Kürze auch als Bildungsurlaub nutzen können. Das nächste Ziel ist dann, Weiterbildungen für Lehrer, Ärzte und Anwälte anzubieten. Als geprüfte Weiterbildungseinrichtung führen wir schon jahrelang das Qualitätssiegel der Weiterbildung Hessen e.V.

Seit 2014 ist der „Lern-Planet“ eine bundesweit anerkannte Einrichtung nach AZAV (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung). Um unsere Qualitätsstandards zu dokumentieren, sind wir auf dem Wege das Siegel „DGSF-empfohlene systemisch-familienorientiert arbeitende Einrichtung“ zu erwerben. Darüber hinaus liegt mir viel daran,

in unserem pädagogischen Bereich den Begleitungs- und Entlastungsdienst (BED) sowie den Bereich der Pflegefamilien weiter auszubauen. Als jahrelanger anerkannter Sprachschulträger vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, und als Telc zertifiziertes Prüfungszentrum, will ich unser Programm zur berufsbezogenen Sprachförderung für Personen mit Migrationshintergrund (ESF-Programm) vergrößern. Mir ist wichtig, dass unsere günstigen Preise im Nachhilfebereich auch in den nächsten 20 Jahren stabil bleiben, um Kinder und Jugendliche zu unterstützen, deren Eltern sich eine Förderung finanziell nicht leisten könnten. Die ehrenamtlichen Tätigkeiten, wie z.B. der Frauen- und Männertag, sowie die kostenlosen Erstberatungen sollen es auch in Zukunft geben.

Ihr Benjamin Bulgay